Präsenzmentoren

Präsenzmentoren

In unserer Schule machen wir uns seit Jahren Gedanken über den Umgang mit verhaltensschwierigen Schüler*innen. Nicht nur aus den Medien kennen wir Berichte, dass junge Menschen zu Hause oder im Klassenzimmer gegenüber Eltern und Lehrern respektlos auftreten. Davon ausgehend, dass dies Signale und Bitten um Hilfe der Kinder und Jugendlichen sind, haben sich sowohl der Arbeitskreis Erziehung als auch die Stufenteams immer wieder mit dieser Thematik auseinander gesetzt und gezielt nach frühzeitig wirkenden präventiven Maßnahmen gesucht. Dabei stießen wir auch auf das Konzept der „Neuen Autorität“ nach Haim Omer. Haim Omer definiert Autorität neu und beschreibt Präsenz und Beharrlichkeit als wesentliche Merkmale. Ziel seines Konzeptes ist die (Wieder)-herstellung der Präsenz der Erziehungsverantwortlichen. Er fordert von den Erwachsenen, aus Machtspielen auszusteigen und Selbstkontrolle zu üben. Daneben braucht es den gewaltlosen Widerstand auf Seiten der Erwachsenen und begleitete Wiedergutmachung statt Strafe und Härte, Selbstveränderung und Unterstützung statt Einzelkampf und Kontrollversuche. Dabei ist die Präsenz der Erziehungsverantwortlichen, in der Schule also der Lehrer*innen eine wichtige Säule seines Konzepts der „Neuen Autorität“. In erster Linie zeigt sich diese Präsenz in einer veränderten Haltung gegenüber den Schüler*innen:

  • Ich bin an DIR interessiert!
  • Ich bleibe da- auch wenn es schwierig wird!
  • Ich kann dich nicht kontrollieren, aber ich bleibe beharrlich.
  • Ich bin dabei nicht allein. Meine Kolleg*innen (und deine Eltern) stärken mich und meine Autorität.
  • Wir werden Dich nicht zwingen und Dir zugleich unseren Protest und unsere Sorge demonstrieren!

Eine solche Haltung stärkt die Beziehung zwischen Schüler*innen und den Erwachsenen (Lehrer/innen und Eltern). Das Kind soll merken, dass sich der Widerstand gegen das Verhalten und nicht gegen sie als Person richtet: Du bist uns willkommen, deine ausgeübte Gewalt, deine Drohungen usw. nicht!

Dieses Konzept nach Haim Omer findet bei uns an der Schule durch sogenannte Präsenzmentor*innen Umsetzung:

Eine Kollegin ist in telefonischer Rufbereitschaft und kann von Klassen- oder Fachlehrer*innen geholt werden, wenn das Verhalten von Schüler*innen unangemessen ist. Je nachdem, wie es die Situation verlangt, bleibt die jeweilige Kollegin mit dem Kind im Klassenzimmer und wiederholt beispielsweise die Aufforderung der Lehrkraft, eine Tafelanschrift ins Heft zu übertragen und bleibt beim Kind, bis dieses seiner Aufgabe nachgekommen ist. Manchmal ist davor aber auch erst ein Gespräch nötig, beispielsweise dann, wenn es zuvor Streit gegeben hat oder große Versagensängsten das Lernen blockieren. Hier begleitet die Präsenzmentorin den Prozess, der notwendig ist, damit die unterrichtliche Weiterarbeit möglich ist. Die Präsenzmentoren erleichtern es den Schüler*innen, aus Konfliktsituationen gelassen auszusteigen, aber beharrlich die Erledigung der gestellten Aufgaben einzufordern. Nicht selten entwickelt sich aus einer ersten Begleitung ein kontinuierliches „Dranbleiben“. In der Beziehung wird Verhaltensänderung möglich und es kann auch Wiedergutmachung geleistet werden, sollte ein Schaden entstanden sein.

Die Erfahrungen, die wir sammeln, sind spannend und meist positiv. Unser Weg benötigt aber auch die Kapazitäten von Lehrkräften, die sich zum einen der Arbeit mit den Kindern widmen und zum anderen selbstständig fortbilden und in vielen Gesprächen das Kollegium mitnehmen und für diesen Weg begeistern.